Als Amy zu uns kam, konnte sie nichts; wir wollten gerne ein Pferd zu uns nehmen, das noch keine einschlägigen (schlechten) Erfahrungen gemacht hatte. Dennoch wurde sehr schnell klar, dass sie genau diese bereits gemacht haben musste. Sie wuchs in Irland auf, hatte dort Fohlen zur Welt gebracht, wurde nach Deutschland verschifft, lebte eine Zeitlang bei einem Händler und dort fanden wir sie. Amy war nicht, wie heute üblich, nach ihrer Geburt „auf den Menschen geprägt worden“.
Sie ließ sich am Halfter führen und die Hufe waren auch schon mal gemacht worden. WIE dies jedoch gemacht wurde….entzieht sich unserer Kenntnis und ich möchte es auch lieber nicht wissen, denn „Hufe geben“ und sich ausbalancieren, um auf 3 Beinen zu stehen, konnte sie nicht. Es ging also auch darum, ihr die absoluten Basics beizubringen.
In der ersten Zeit lief sie davon, wenn wir sie von der Weide holen wollten. Wenn wir sie dann mit viel Geduld und Liebe überredet hatten, mitzukommen, taute sie auf und wurde zutraulich. Es zeigte sich immer deutlicher, dass wir ein Pferd mit einem sehr eigenen Charakter und eigenen Vorstellungen hatten. Und es zeigte sich ebenfalls, dass Amy Menschen gegenüber nur solange zugetan war, solange sie nichts von ihr wollten. Sie konnte und kann sehr gut alleine klar kommen und auch Bindung an andere Pferde waren und sind bis heute eher lockererer Natur.
Ich freute mich über ihre „Unabhängigkeit“, war jedoch auch gefordert, mein Bild von Gemeinsamkeit mit „meinem Pferd“ zu überprüfen.
Ich lernte Geduld (die nie meine Stärke gewesen war), und ich hinterfragte und hinterfrage immer wieder mich selbst und meine Motive für das, was ich mit und von Amy möchte.
Natürlich stieß ich an Grenzen, an ihre und an meine. Gleichzeitig wuchsen wir innerlich immer deutlicher zusammen und ich ließ mich immer mehr auf sie ein, was bewirkte, dass auch sie sich immer weiter auf mich einließ. Dies war ein Prozess der ausschließlich durch intensiven inneren Kontakt, innere Gespräche miteinander stattfand. Ich lernte ihr zu vertrauen und durfte feststellen, dass sie immer einen guten Grund für das hat was sie tut oder eben auch nicht tut. Wenn sie unterwegs stehen bleibt, dann nicht weil sie bockig ist, sondern weil sie mit ihren feinen Sinnen etwas wahrgenommen hat, was ich erst viel später wahrnehme. Hat sie dann gesehen oder ich habe ihr signalisiert, dass ich es auch wahrgenommen habe und es keinen Anlass zur Sorge gibt, können wir weitergehen. Sie ist in einer Herde aufgewachsen und dort hatte sie Aufgaben. Das hat sie nicht vergessen.
Und klar, manchmal möchte sie lieber am Rand Gras zupfen oder hat keine Lust einen Berg hinauf zu gehen. Aber mit ruhiger Klarheit und entsprechendem Gedanken, den ich ihr mitteile, gehen wir dann weiter.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen, wie wir über die Tierkommunikation zu einer tiefen inneren und innigen Verbindung gefunden haben. Heute geht Amy ohne Halfter und ohne Seil mit von der Weide (und wenn sie einmal unwillig ist dabei, hat sie sicher noch nicht ausreichend gefrühstückt, wie es letztens offensichtlich der Fall war ;-)) Auch auf unseren Spaziergängen können wir oft ohne diese Hilfsmittel gehen und nebeneinander „joggen“. Sie stellt sich selbstverständlich auf mein Tempo ein, auch beim Galopp an der Hand.
Meinem Mann und Amy bin ich sehr dankbar, denn ich habe in den vergangenen Jahren sehr, sehr viel gelernt, was ohne die beiden nicht möglich gewesen wäre. Ja, ich habe viel über Pferde gelernt, doch enorm viel habe ich über mich selbst gelernt. Es ragt weit in den Bereich Persönlichkeitsschulung hinein. Manchmal habe ich mir Hilfe gesucht und sorgsam ausgewählt, was passt zu uns und was nicht. Doch das meiste habe ich über „Learning by doing“ gemacht. Das macht kreativ und macht Spaß und gibt viel mehr die Möglichkeit, individuell auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Pferdes einzugehen, als Methoden anzuwenden. Autodidaktik war mir immer schon die liebere „Methode“. Und natürlich musste ich auch lernen, mit „wohlmeinenden Kommentaren“ anderer Pferdemenschen umzugehen. Auch das schult ;-).
Viel nachgedacht habe ich über den Begriff „pferdegerecht“. Sind die Dinge die wir machen überhaupt pferdegerecht zu nennen? Wohl nur zu einem geringen Teil. Ich bemühe mich sehr darum.
Geschult wurde und sehr verändert hat sich durch all dies mein Blick auf das Leben überhaupt und die Menschen, die mir begegnen. Gewonnen habe ich u.a. eine große Klarheit und viel Gelassenheit.
Ich bin sehr gerne bereit, mit DIR zu teilen!